Wut, Trauer, Enttäuschung – hat einen Liebeskummer erst einmal im Griff, scheint es praktisch unmöglich, sich zu irgendetwas aufzuraffen. Dennoch sollte man gerade nach einer Trennung den inneren Schweinehund überwinden, denn es gibt kaum ein effektiveres Mittel gegen Herzschmerz, als Bewegung.
„Es ist fast egal, was man tut, Hauptsache runter von der Couch, raus aus dem Jammertal“, sagt Chloé Kleinknecht von der Deutschen Sporthochschule Köln. Sie hat sich darauf spezialisiert, Betroffenen mit Sporttipps aus dem Liebeskummer-Tief zu helfen. Die Expertin rät dazu, sich nicht zu Sportarten zu zwingen, die keinen Spaß machen, sondern eine Beschäftigung zu suchen, die zu der jeweiligen Person passt – idealerweise einen Sport, der schon vor der Trennung ausgeübt wurde: „Erfolgserlebnisse sind jetzt nämlich wichtig. Ganz neu mit etwas anzufangen kann dagegen erst mal frustrieren.“
So sollten die Anforderungen zu Beginn nicht zu hoch gesteckt werden und sich stattdessen am aktuellen Leistungsniveau orientieren. Auch trainiert es sich in der Gruppe besser als beim einsamen Joggen durch den Wald, denn in einer Sportmannschaft powert man sich laut Kleinknecht eher aus und hat weniger Zeit, trüben Gedanken nachzuhängen.
Warum hilft gerade Sport?
Nicht nur die kurzfristige Ablenkung hilft beim Überwinden des gebrochenen Herzens, auch die langfristige Selbstbestätigung ist wertvoll. „Es ist sehr wichtig, sich aufzuraffen und in Bewegung zu kommen, statt auf der Couch in Selbstmitleid zu zerfließen. Sich handlungsfähig zu machen und etwas für sich zu tun steigert das Wohlbefinden und hilft, Kummer zu verarbeiten.“ Das Ziel sollte sein, ein sogenanntes Flow-Erlebnis zu erreichen, bei dem der Körper sich durch eine intensive Trainingseinheit annähernd im Stoffwechselgleichgewicht befindet. So werden negative Gedanken erfolgreich verdrängt und sich vollständig auf das Hier und Jetzt konzentriert. Außerdem schüttet der Körper auch noch Stunden nach der Ausdauerbelastung erhöhte Mengen Endorphine aus, die nicht nur schmerzstillend wirken, sondern geradezu euphorisch machen.
Sport baut Stresshormone ab
Die Bewegung hilft weiterhin, Stresshormone abzubauen, die der Körper nach einer Trennung freisetzt. Paartherapeut Boris Bergmann erklärt: „Jemanden zu verlieren, den man liebt, führt zu einer großen Produktion des Stresshormons Cortisol, aber auch von Adrenalin. Es ist das Adrenalin, das dafür sorgt, dass du keinen Hunger hast und schlecht schläfst. Das Cortisol hat einen größeren Einfluss auf deine Stimmung, was wiederum ein Gefühl der Niedergeschlagenheit und Depression auslöst.“ Das Stressventil Sport hilft dabei, diese Überflutung mit Stresshormonen effektiv auszugleichen. Schon die motorische Handlung als solche bewirkt einen gewissen Spannungsabbau. Nach etwa dreißig Minuten Training fühlt man sich gleichermaßen gestärkt und entspannt.
Studien zeigen, dass Sport die allgemeine psycho-physische Widerstandsfähigkeit stärkt. Wer das Training regelmäßig ausgeübt, reagiert generell weniger intensiv auf Belastungen und entwickelt gleichzeitig eine gewisse Stressresistenz. Auch die Reaktionen von Herzfrequenz, Atmung und Blutdruck fallen in emotional anstrengenden Situationen (wie einer Trennung) weniger stark aus.
Den eigenen Rhythmus (wieder)finden
Um körperlich und seelisch den größten Vorteil aus der körperlichen Betätigung zu ziehen ist es wichtig, sich weder zu überanstrengen, noch in Watte zu packen: „Die Mischung muss stimmen, sowohl von der Trainingsintensität als auch von der Vielfalt der Belastung“, sagt Personal Trainer Patrick Frink, der schon mehr als einen akuten Herzschmerz-Kandidaten durch Sport wieder auf die Beine gebracht hat. „Das Selbstbewusstsein soll aufgebaut werden, da ist ein Zuwenig nutzlos, ein Zuviel frustrierend“. Aus diesem Grund sollte das Training immer individuell an die Kondition des Betroffenen angepasst werden. Generell sei jedoch die tägliche Bewegung ratsam, wenn auch nur für eine halbe Stunde. Denn jede Minute, die die Betätigung vom Herzschmerz ablenkt, ist heilsam, erklärt der Experte. Abraten tut er von Disziplinen, die in Zeiten der emotionalen Aufruhr den Fokus stark nach innen lenken, wie Rhythmus oder Meditation.